
Die Geschichte der »Hessischen Division«
- 2. Panzergrenadierdivision -
- die »Zwote« -
Die Geburtsstunde der 2. Grenadierdivision, wie die „Zwote“ bei ihrer Aufstellung bezeichnet wurde, schlug am 01. Juli 1956. Die Aufstellung der Bundeswehr war Ausdruck der gestiegenen Sorge, die sich damals die Bundesregierung aber auch große Teile der Bevölkerung der noch jungen Bundesrepublik Deutschland um ihre äußere Sicherheit machten.
Noch während die Sowjetunion die Blockade Berlins aufrechterhielt, wurde im April 1949 die NATO als Verteidigungsbündnis ins Leben gerufen. Der Koreakrieg, der 1950 begann, und bei dem zum ersten Mal Verbände eines kommunistischen Landes ein freies Land, das unter dem Schutz der USA gestanden hatte, angriffen, brachte eine Wende in den Bemühungen der Westeuropäer um ihre Sicherheit. Man stellte fest, dass man ohne einen aktiven Beitrag der jungen Bundesrepublik Deutschland zu den Verteidigungsanstrengungen nicht würde auskommen können.
Nach dem Scheitern einer „Europäischen Verteidigungsunion“ wurde im Juli 1954 in den Pariser Verträgen ein Verteidigungsbeitrag Westdeutschlands in einem Umfang von 500.000 Mann beschlossen. Am 09. Mai 1955 wurde die Bundesrepublik Deutschland in die NATO aufgenommen.
Am 16. Juli 1955 folgte das „Freiwilligengesetz“, sodass am 02. Januar 1956 die ersten Tausend Freiwilligen eingestellt und am 01. Mai 1956 die Verbände, nämlich 12 Lehrbataillone, aufgestellt werden konnten. Schließlich wurde am 30. Mai 1956 das „Zweite Gesetz über den Bundesgrenzschutz“ verkündet, wonach der BGS Personalabgaben zur Aufstellung der Bundeswehr leisten musste.
Nach der Verkündung dieses Gesetzes wurde entschieden, dass aus dem Grenzschutzkommando Mitte die Kader und der Rumpf der 2. Grenadierdivision zu bilden waren.
In den Standorten des BGS wuchsen die Kader, und bald war der 30. Juni 1956 gekommen. Bis zu diesem Tage wurde den Angehörigen des GSK Mitte eine Optionsfrist eingeräumt, wo sie sich entscheiden konnten, ob sie in die Bundeswehr überwechseln wollten oder nicht.
Am 01. Juli 1956 ging schließlich die „2. Grenadierdivision“ aus dem GSK Mitte mit abgeschlossener Optionsmeldung hervor. An diesem Tag bestand die Division – zunächst als Rumpf - mit einer Stärke von 164 Offizieren, 2030 Unteroffizieren und 921 Mannschaften.
Die ersten Jahre
Als im April 1957 die ersten Wehrpflichtigen eingezogen wurden und die Zeit des „Beschnupperns“ vorbei war, stellte sich schnell heraus, dass den jungen Soldaten der Sinn ihres Dienstes durchaus klar war. Für nicht wenige von ihnen dürften die Ereignisse in Ungarn nur wenige Monate zuvor deutliche Mahnung gewesen sein.
Das Jahr 1957 brachte für die 2. Grenadierdivision jedoch noch andere wesentliche Änderungen. Zum 01. Juli wurde die Division zusammen mit der 5. PzDiv aus dem II. Korps herausgelöst und dem III. Korps unterstellt. Am 05. Juli wurde die Division in einem feierlichen Zeremoniell, welches in der Tannenbergkaserne in Marburg stattfand, als eine der ersten Großverbände der Bundeswehr der NATO unterstellt – „Tag von Marburg“.
Die Umgliederung und Umbenennung der 2. Grenadierdivision in 2. Panzergrenadierdivision am 01. April 1959 brachte nicht nur Veränderungen in den Standorten der Division, sondern es entstand ein völlig neuer Divisionstyp. Die wichtigste Neuerung beim Divisionstyp 59 war die Einführung von Brigaden, die es der Division erstmals erlaubte, mehrere Großverbände in allen Gefechtsarten zu führen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Division 59 die richtige Antwort auf die Bedrohung der 60er Jahre war. Mit der Durchführung der Gliederung 59 schloss die 2. Panzergrenadierdivision ihre Aufbauphase ab.
Die Jahre 1960 – 1970
Im Verlauf des ersten „Hessentages“ in Alsfeld bezeugten die Truppenteile der 2. Panzergrenadierdivision durch Ehrenabordnungen aus allen Standorten in besonderer Weise ihre Verbundenheit mit dem Land Hessen. Fortan sollten Soldaten unserer Division in den jährlich wechselnden Austragungsorten des „Hessentages“ fest vertreten sein.
Die durch den am 13. August 1961 begonnenen Mauerbau in Berlin ausgelöste politische Krise war das alarmierende Ereignis des Jahres. Dieser schwarze Tag der deutschen Nachkriegsgeschichte hatte für die Division doch auch etwas Gutes. Die allzu häufigen Klagen über den störenden aber unvermeidbaren Motoren- und Panzerlärm waren schlagartig auf Wochen verstummt. Manche Bürger, die sich bis zu diesem Zeitpunkt der Realität Bundeswehr kaum bewusst gewesen waren, begannen sie nun als das zu sehen, was sie war - als Teil der Verteidigung der freien Welt.
Der Notruf der norddeutschen Bundesländer nach Hilfeleistung aus Anlass der schweren Sturmflutkatastrophe im Februar 1962 führte zur Entsendung von Personal und Material der Bundeswehr in das Katastrophengebiet. Auch das durch Teileinheiten der Brigaden verstärkte Pionierbataillon 2 der Division befand sich vom 17. 02. - 02. 03 1962 im Katastropheneinsatz südwestlich von Hamburg.
Das Jahr 1963 brachte für die Bundesrepublik Deutschland, vor allem für die Bundeswehr, eine weit reichende Veränderung. Im NATO-Befehlsbereich Europa wurde die „Vorneverteidigung“ verbindliche Strategie. Vorneverteidigung besagte, dass die NATO einen Angriff von Truppen des Warschauer Paktes so nah wie möglich am sogenannten „Eisernen Vorhang“ auffangen sollte. Nachdem im ersten Quartal 1963 die Tragegenehmigung der neugeschaffenen Verbandsabzeichen durch den Bundespräsidenten erteilt wurde, befahl der DivKrd die Zusammenstellung einer Ehrenformation aus Truppenabordnungen aller unterstellten Bereiche. Am 22. 05. 1963 legten die Abordnungen in einem feierlichen Truppenzeremoniell auf dem Marburger Landgrafenschloss symbolisch für die zur 2. Panzergrenadierdivision gehörenden Verbände und Einheiten das Verbandsabzeichen den „Hessenlöwen“ an.
Durch die veränderte politische und gesellschaftliche Landschaft zu Beginn der 70er Jahre wurde die Reform der Bundeswehr weiter beschleunigt. Im Zuge dieser Reform, bei der zu Jahresbeginn 1970 Territorialkommandos gebildet worden waren, wurde zum 01. Oktober 1970 die Division in 2. Jägerdivision umbenannt. Die Umbenennung der Division, die ihren Namen nun schon zum zweiten Mal wechselte, fand am 06. Oktober 1970 im Rahmen eines feierlichen Appells in Marburg statt. Dabei wurden die ersten grünen Barette, die neu befohlene Kopfbedeckung für die Soldaten der Jägerbataillone, übergeben.
Die Jahre ab 1971
Im April des Jahres 1974 stand der Umzug von Stab und Stabskompanie von Marburg nach Kassel in die Lüttich-Kaserne an. Nach der im Juni 1976 beendeten Aufstellung der Panzerbrigade 34 und der Umgliederung der Panzergrenadierbrigade 5 war die 2. Jägerdivision die stärkste Heeresdivision. Niemals vorher oder danach war eine andere Division ähnlich stark gewesen. 1980 erfolgte eine erneute Umbenennung der Division. Gemäß der Umgliederung der nun als „Heeresstruktur 4“ bezeichneten Organisationsform in 2. Panzergrenadierdivision.
Die Standorte und Kasernen der 2. Panzergrenadierdivision in der Heeresstruktur 4
Kassel | LÜTTICH - Kaserne | Stab/StKp 2.PzGrenDiv |
Stab/StBttr ArtRgt 2 | ||
InstBtl 2 | ||
PzJgKp 40 | ||
5. NschBtl 2 | ||
HINDENBURG - Kaserne | FlaRgt 2 | |
RegFahrS Kassel3 | ||
WITTICH - Kaserne | PzGrenBtl 42 | |
2.PzGrenBtl 41 | ||
Sanitätszentrum Kassel | ||
Fahrschulgruppe | ||
JÄGER - Kaserne | HMK 2 | |
GRAF-HAESELER - Kaserne | NschBtl 2 | |
3.InstBtl 2 | ||
PzPiKp 40 | ||
RegFahrS Kassel 2 | ||
Baunatal | AM-LOH - Kaserne | InstAusbKp 6/2 |
Homberg/Efze | DÖRNBERG - Kaserne | Stab/StKp PzGrenBrig 5 |
PzArtBtl 55 | ||
ABC/AbwKp 50 | ||
RegFahrS Homberg | ||
OSTPREUSSEN - Kaserne | InstKp 50 | |
NschKp 50 | ||
PzJgKp 50 | ||
Fuldatal-Rothwesten | FRITZ-ERLER - Kaserne | FmBtl 2 |
FmAusbKp 1/2 | ||
NschKp 40 und 60 | ||
4.InstBtl 2 | ||
JgBtl 27 | ||
FErsBtl 25 | ||
RegFahrS Fuldatal | ||
Fritzlar | GEORG-FRIEDRICH - Kaserne | HFlgStff 2 |
3.PzGrenBtl 51 | ||
PzPiKp 50 | ||
Fahrschulgruppe | ||
PzGrenBtl 53 | ||
Göttingen | ZIETEN - Kaserne | Stab/StKp PzGenBrig 4 |
PzGrenBtl 41 | ||
PzGenBtl 43 | ||
PzBtl 44 | ||
PzArtBtl 45 | ||
InstKp 40 | ||
RegFahS Göttingen | ||
Hann. Münden | KURHESSEN - Kaserne | PiBtl 2 |
PzPiKp 60 | ||
Fahrschulgruppe | ||
Hessisch Lichtenau | BLÜCHER - Kaserne | PzAufklBtl 2 |
PzAufklAusbKp 3/2 | ||
PzBtl 54 | ||
BrigSpähZg 4,5 und 6 | ||
RadarZg 2 | ||
4.PzGrenBtl 51 | ||
Fahrschulgruppe | ||
Hofgeismar | MANTEUFFEL - Kaserne | Stab/StKp PzBrig 6 |
InstKp 40 | ||
InstAusbKp 5/2 | ||
Marburg | TANNENBERG - Kaserne | SanBtl 2 |
6.SanBtl 310 | ||
8. SanBtl 2 | ||
FErsBtl 21 und 22 | ||
MobStp | ||
Rotenburg/Fulda | ALHEIMER - Kaserne | PzGrenBtl 52 |
2.PzGrenBtl 51 | ||
RegFahrS Rotenburg | ||
Schwalmstadt | HARTHBERG - Kaserne | FArtBtl 21 |
RakArtBtl 22 | ||
RegFahrS Schwalmstadt | ||
Stadtallendorf | HERRENWALD - Kaserne | BeobBtl 23 |
2. InstBtl 2 | ||
5. InstBtl 2 | ||
DrohnenBttr 2 | ||
RegFahrS Stadtallendorf | ||
Wolfhagen | POMMERN - Kaserne | PzBtl 64 |
PzGrenBtl 62 | ||
4.PzBtl 61 | ||
3. NschBtl 2 | ||
JgBtl 26 | ||
FErsBtl 24 | ||
RegFahrS Wolfhagen | ||
Arolsen | PRINZ-EUGEN - Kaserne | PzBtl 63 |
3.PzBtl 61 | ||
PzArtBtl 65 | ||
PzJgKp 60 | ||
FErsBtl 23 | ||
RegFahrS Wolfhagen | ||
Warburg | BÖRD - Kaserne | AusbKp StDst / MKf 2/2 |
Da die zentralen Feierlichkeiten zum 25 jährigen Bestehen der Bundeswehr im Bremer Weserstadion eine Welle von Ausschreitungen auslösten, wurde das 25 jährige Bestehen der Division im Jahre 1981 hinter Kasernenmauern gefeiert. Aber 5 Jahre später, zum 30. Geburtstag der Division, kamen am 22. Juni 1986 fast 40.000 Menschen zu den Feierlichkeiten auf den Standortübungsplatz Ehlen (Tag der offenen Tür). Anlässlich des 30 jährigen Bestehens der Bundeswehr fand im Oktober 1985 vor dem Schloss Wilhelmshöhe eine öffentliche Rekrutenvereidigung statt. Der damalige hessische Ministerpräsident Holger Börner bewies auch bei dieser Gelegenheit sein enges Verhältnis zur hessischen „Zwoten“ und hielt an diesem Abend die Festrede.
1990 das Jahr der Deutschen Einheit
Anschaulichstes Symbol für die bevorstehende Vereinigung der beiden deutschen Staaten war am 20. August 1990 der Besuch des Kommandeurs der 4. (NVA) MotSchtDiv General Leistner aus Erfurt beim Divisionskommando in Kassel. Er wurde von zwei weiteren Offizieren der NVA begleitet.
1991 Jahr der Entscheidung: Die "Zwote" wird außer Dienst gestellt
Die 2. Panzergrenadierdivision erfüllte auch in diesem Jahr ihren Auftrag, den Aufbau „Bundeswehr OST“ zu unterstützen. Im Januar waren gleichzeitig 1.000 Soldaten in Thüringen im Einsatz.
Anfang Februar wurden erste Gerüchte konkreter, dass die Division wohl nicht ungeschoren davonkommen werde, wenn der Verteidigungsminister im Frühjahr die neue Struktur der Bundeswehr und die Dislozierung in den Standorten präsentieren wird.
Ende Februar wurde bei einer Tagung der Warschauer Vertragsstaaten die Auflösung des Warschauer Paktes zum 01. 04. 1991 beschlossen.
Im März wechselte zum letzten Mal die Führung der Division. Am 08. März übernahm General Hegner die Geschäfte des stellvertretenden Divisionskommandeurs, und am 22. März wurde General Estorf mit der Führung der 2. Panzergrenadierdivision beauftragt.
Am 07. Mai erschien in der Tageszeitung „Die Welt“ ein ausführlicher Artikel zur Standortplanung, womit auch die Division, die bis dahin keine solchen Informationen hatte, überrascht wurde.
Ende Juni gab es einen erneuten Paukenschlag für die Division: Der Magistrat der Stadt Kassel offenbarte in einer Pressekonferenz, dass man nicht bedingungslos zu den noch im Januar gemachten Aussagen stehe, wonach die Stadt weiterhin eine Präsenz von Teilen der Bundeswehr wünsche. Vielmehr könne man sich durchaus auch vorstellen, die im Stadtgebiet liegenden Kasernen als Gewerbegebiete zu entwickeln. Mit dieser Aussage des Oberbürgermeisters der Stadt Kassel, W. Bremeier, die bei der Divisionsführung völlig überrascht aufgenommen wurde, war klar, dass die Stadt Kassel als Standort der Division sehr fraglich geworden war.
Zum 01. Oktober 1990 hatte die Division noch eine Tagesstärke von 17.310 Mann, hingegen zum ersten Oktober 1991 nur noch eine personelle Stärke von 13.460 Mann.
1994 Ein Jahr mit nur drei Monaten
Bis zum 31. März 1994, dem letzen Tag der „Zwoten“, mussten noch die Restteile der Division abgesteuert werden. Am 18. März 1994 fand um 16 Uhr der feierliche Schlussappell im Staatstheater Kassel mit einer Abschlussrede des Kommandierenden General III. Korps statt. Im Anschluss daran schließt sich um 17 Uhr in den Räumen des Staatstheaters Kassel ein gemeinsamer Empfang durch den Ministerpräsidenten des Landes Hessen, dem Oberbürgermeister der Stadt Kassel und dem Kommandeur der 2. Panzergrenadierdivision an.
Den feierlichen Abschluss bildete am Abend ein vom Heeresmusikkorps 2 und dem Panzerartilleriebataillon 55 durchgeführter GROßER ZAPFENSTREICH in der Karlsaue. Damit bedankte sich die stolze „Hessische 2. PzGrenDivision“ bei der Bevölkerung der Stadt Kassel und ganz Hessens für das herzliche Einvernehmen, das sie 37 Jahre lang erleben durfte und meldete sich zugleich aus dem deutschen Heer ab.
Die Divisionskommandeure
Otto Schaefer † | 1956 - 1957 |
Friedrich Foertsch † | 1957 - 1958 |
Alfred Zerbel † | 1958 - 1960 |
Ottomar Hansen † | 1960 - 1961 |
Klaus Müller † | 1961 - 1964 |
Werner Drews † | 1964 - 1967 |
Ernst Ferber † | 1967 - 1969 |
Rolf Juergens † | 1970 - 1971 |
Carl-Gero v. Ilsemann † | 1971 - 1976 |
Fritz v. Westerman † | 1976 - 1979 |
Dr. Werner Schäfer † | 1979 - 1981 |
Manfred Fanslau † | 1981 - 1984 |
Carl-Helmut Lichel † | 1984 - 1987 |
Hans Grillmeier | 1987 - 1991 |
Wolfgang Estorf | 1991 - 1994 |